01.06.89 21:51 Alter: 32 yrs

[Ausstellung] 27.09. bis 21.11.1989: Christina Kubisch – Orte der Zeit

Rubrik: Ausstellungen, Allgemeine News

 

Mit der Klanginstallation im Kunstraum München setzt die heute in Berlin lebende Künstlerin ihre Arbeit fort, die Bereiche von Natur und Technik, von Musik und Bildender Kunst zu vereinen. Visuelle und akustische Mittel werden für eine gleichzeitige Wahrnehmung eingesetzt.

Bereits 1983 war eine Klanginstallation von ihr in München zu sehen und -per Kopfhörer- zu hören: im Garten des Lenbachhauses während der Ausstellung 'aktuell 83'. Seit 1984 realisierte sie ihre Arbeiten meistens in Innenräumen, die, wie jetzt auch der Kunstraum, abgedunkelt werden. Schwarzlichtlampen lassen die mit Pigmenten besetzten Kabel weiß leuchten. Dadurch wirken sie einerseits wie Zeichnungen, andererseits wie skulpturale Elemente im Raum. Hans Dickel schreibt in Linserem Katalog dazu: "Fünf Bonsai-Bäume stehen in einer Runde versammelt auf Sockeln mitten im Raum ... Kabel sind um die Stämme der Bäumchen geschlungen und laufen an den Sockeln zum Boden herab, um sich von dort wie Wurzeln oder Fangarme in die beiden Nebenräume zu verzweigen. Sie sind an Ultraschallgeneratoren angeschlossen ..., die über Lautsprecher ein Klangbild ausstrahlen. Die verschieden gestimmten Kabel münden in Lautsprecher, die als technische Vorrichtung einerseits zur Übertragung der Klänge dienen, andererseits auch als bildhaft inszenierte Zeichen lesbar sind. Sie gleichen Linsen, als könne man durch sie ins Innere der Pflanzen schauen, wirken aber auch wie verlängerte Organe. Hier werden die Konflikte zwischen Natur und Technik sichtbar, in die der Mensch verstrickt ist, weil er selbst erschaffene Natur ist und als Erfinder der Technik seinerseits schöpferisch wirkt ... Die Pflanzen, die im elektronisch-technischen Zugriff scheinbar belauscht und kontrolliert werden, geben durch die Kabel seltsame Klänge von sich, die man als Klagegesang, aber auch als Angriffsgeschrei bezeichnen könnte."

Christina Kubisch ist 1948 in Bremen geboren. Nach dem Studium der Musik mit einem Abschlußexamen in Komposition und Querflöte lebte sie längere Zeit in Mailand, wo sie elektronische Musik und Elektotechnik studierte. Zwischen 1975 und 1980 beschäftigte sie sich mit Performances, Konzerten und Videoarbeiten, seit 1980 mit Klanginstallationen. 1987 siedelte sie nach Berlin über, wo sie heute mit einer Unterbrechung von einem Jahr in Worpswede während eines Barkenhoff Stipendiums, lebt.

Der Katalog zur Austeilung gibt einen überblick über die wichtigsten Klanginstallationen seit 1982. Er wird zusammen mit der Städtischen Galerie am Markt, Schwäbisch Hall, herausgegeben, wo bis zum 5. November eine neue Installation zu sehen ist. Der Katalog kostet 27,- DM, für Mitglieder des Kunstraum
München 18,- DM.